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Ein brisantes Thema kochte kürzlich in den einschlägigen E-Mobilitäts-Medien hoch: Die Experten von Nextmove und Teslamag berichteten über den Kollegen Dr. Böse, der einen Fehler in der von Tesla über einen längeren Zeitraum hin verwendeten Widerrufsbelehrung entdeckt hatte. Äußerungen wie „Supergau“ oder „Widerrufs-Hammer“ führten zu vielen Rückfragen bei uns: kann man nun das eigene Fahrzeug ohne Weiteres bei Tesla auf den Hof stellen? Erhält man dann den vollen Kaufpreis zurück?

Wir haben uns die Mühe gemacht, die Rechtslage in der Tiefe zu analysieren und stellen unsere Ergebnisse hier gerne allen Interessierten (an dieser Stelle auch Grüße an die mitlesenden TESLA-Mitarbeitenden) zur Verfügung.

1. Die Ausgangslage

Die Tesla Germany GmbH als Vertriebsgesellschaft von Tesla Inc. in Deutschland benutzte vor allem im Jahr 2022 über längere Zeit hinweg eine Widerrufsbelehrung, auf der keine Telefonnummer angegeben war. Die Widerrufsbelehrung war stark an das gesetzliche Muster angelehnt, aber um die vorgesehene Angabe einer Telefonnummer gekürzt worden. Aus den Unterlangen zum Datum Ihrer Bestellung ergibt sich, welche Version des Widerrufformulars bei Ihnen verwendet wurde.

2. Die Rechtslage Teil I – besteht ein Widerrufsrecht von 12 Monaten und 14 Tagen

Vorab: Kunden, welche das Fahrzeug als Unternehmer, also nicht als Verbraucher bestellt haben, haben kein Widerrufsrecht. Auch Kunden, welche das Fahrzeug direkt im Tesla Store ohne den Einsatz von Fernkommunikationsmittel geschlossen haben, kommt das Widerrufsrecht nicht zu Gute. Auch Käufer, bei denen nach Abholung ihres Fahrzeugs bereits mehr als 12 Monate und 14 Tage verstrichen sind, können nicht mehr wirksam widerrufen. Sollten Sie Ihr Fahrzeug finanziert oder geleast haben, gilt das folgende jedenfalls nicht pauschal, diese Fälle erfordern gesonderte Beratung.

Unserer Ansicht nach besteht bei den meisten Tesla Käufen ein Widerrufsrecht, da die Fahrzeuge online, also unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln bestellt und gekauft werden. Auch sind unserer Ansicht keine Ausschlusstatbestände (§ 312g II BGB) einschlägig. Eine zuvor durchgeführte Probefahrt lässt das Widerrufsrecht wohl ebenso nicht entfallen, wenn das Fahrzeug online bestellt wurde.

Grundsätzlich kann das Widerrufsrecht jedoch nur 14 Tage nach Übergabe des Fahrzeugs ausgeübt werden. Die Frist beginnt also in diesen Fällen mit der Übergabe. Sie beginnt jedoch nicht, bevor der Unternehmer, also hier Tesla, den Verbraucher, also den Kunden über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt hat, wobei es spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Übergabe endet.

Unserer Auffassung nach hat Tesla fehlerhaft belehrt. Denn Tesla hat entgegen der Rechtslage keine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angegeben. Eine ordnungsgemäße Belehrung liegt daher nicht vor. Ein Kunde könnte so auf die Idee kommen, dass der Widerruf jedenfalls in Textform erklärt werden müsse und nicht auch mündlich ausgeübt werden könne. Dass eine solche Widerrufsbelehrung mangelhaft ist, haben auch bereits diverse Obergerichte entschieden. Auch der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung über eine Telefonnummer verfügen muss, soweit diese vom Unternehmer für die Kommunikation mit dem Kunden benutzt wird.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass es sich hier um einen kleinen Fehler handelt (wobei dies zu diskutieren wäre, da dem Verbraucher ein ganzer Kommunikationsweg nicht eröffnet wird) dürfte nichts anderes gelten. Der Bundesgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass ein Ausschluss des Widerrufsrechts nur höchst ausnahmsweise aufgrund Rechtsmissbrauchs oder unzulässiger Rechtsausübung in Betracht kommt, wenn der Unternehmer besonders schutzwürdig ist, etwa bei arglistigem oder schikanösem Verhalten des Kunden (Urteil vom 25. November 2009 – VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17, 20). Die Thematik ist aber juristisch noch nicht in Gänze geklärt. Was die Gerichte zu dieser Argumentation sagen werden, ist noch offen. Wir sehen jedoch gute Chancen für die betroffenen Kunden, ihr Fahrzeug an Tesla zurückzugeben.

3. Die Rechtslage Teil II – ist Wertersatz zu bezahlen?

An der fehlerhaften Widerrufsbelehrung hängt auch das Recht des Unternehmers (hier: Tesla) Wertersatz zu verlangen. Ein Unternehmer kann gemäß § 357a I Nr. 2 BGB nur Wertersatz verlangen, wenn er den Verbraucher ordnungsgemäß nach Artikel 246a § 1 II S. 1. Nr. 1 EGBGB unterrichtet hat. Wir vertreten die Auffassung, dass die Belehrung fehlerhaft war, siehe oben, und daher grundsätzlich auch kein Wertersatz zu bezahlen ist. So sieht dies auch die Rechtsprechung (vgl. etwa sehr ausführlich Amtsgericht Dülmen, 3 C 282/17).

Selbst wenn man den Fehler als eher klein einstufen wollte, so gehen wir mit der Rechtsprechung davon aus, dass der Wertersatz auch bei kleineren Unrichtigkeiten nicht zu leisten ist. Wichtig ist aber auch darauf hinzuweisen, dass diese Frage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und Tesla dies naturgemäß wohl anders sehen wird.

4. Was wir erwarten, wie TESLA reagieren wird

Unsere Erfahrung aus hunderten Fällen mit Tesla ist, dass dort erst auf entsprechenden juristischen Druck Verbraucherrechte umgesetzt werden. Wir gehen daher eher nicht davon aus, dass Tesla ohne weiteres das Widerrufsrecht akzeptieren und Ihr Fahrzeug zurücknehmen wird. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass auch hier nur Recht bekommt, wer die Durchsetzung mit Nachdruck verfolgt.

5. Was wir Betroffenen empfehlen, die ihr Widerrufsrecht ausüben möchten

Zunächst möchten wir festhalten: Die Nichtangabe einer Telefonnummer ist nicht der heftigste Verstoß gegen Verbraucherrechte den wir in unserer Arbeit mit und gegen Tesla bislang feststellen konnten. Und wir gehen davon aus, dass es viele zufriedene Teslafahrer (m/w/d) gibt, die kein Interesse daran haben, ihr Fahrzeug für die Aussicht auf einen finanziellen Vorteil zurückzugeben. Doch wir haben auch viele Mandanten und Anfragende, die von Tesla nicht gerade fair behandelt wurden. Fehlende Parksensoren, nicht funktionierender Autopilot, erhebliche Lackmängel, knarzende Lenkung oder knackendes Fahrwerk sind nur einige der Probleme, die immer wieder aufreten und nicht beseitigt werden. Insbesondere für diese Betroffenen ist es nicht nur rechtskonform, sondern auch legitim, die längere Widerrufsfrist zu nutzen, je nach Fallgestaltung auch ergänzend zu den bestehenden Mängelrechten.

Hierzu erscheint uns folgende Vorgehensweise sachgerecht:

Zunächst erklären Sie gegenüber Tesla den Widerruf. Hierzu genügt bereits eine einfache Erklärung  mit Datum, Ihrem Namen (hierbei muss immer der Käufer selbst die Erklärung abgeben), die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN oder auf Englisch VIN) und natürlich der Aussage „Den Fahrzeugkaufvertrag widerrufe ich hiermit“. Diese Erklärung können Sie in der Tesla App oder via E-Mail an Tesla erklären. Beides schadet auch nicht. Machen Sie von Ihrer Widerrufserklärung unbedingt einen Screenshot mit Datum, damit Sie diesen später auch belegen können.

Anschließend ist es notwendig dass Sie innerhalb der nächsten 14 Tage das Fahrzeug zur Rückgabe bei Tesla anbieten. Vereinbaren Sie hierzu einen Servicetermin über die App (bitte fertigen Sie auch hier einen Screenshot an). Anschließend sollten Sie bei dem Tesla Servicecenter in Ihrer Nähe das Fahrzeug nebst allem Zubehören und Papieren zur Rückgabe nach Widerruf anbieten. Nehmen Sie hierfür idealerweise einen Zeugen mit, der Ihr Anbieten bestätigen kann. Lassen Sie sich das Anbieten der Rückgabe vor Ort von einem Tesla-Mitarbeiter schriftlich bestätigen. Sofern dies verweigert wird, notieren sie den Namen des Mitarbeiters und seine Position. Bitten Sie sodann darum, die SEC-Leitung zu sprechen und bieten Sie die Rückgabe nochmals ausdrücklich an. Dokumentieren Sie auch hier den Namen und schreiben Sie anschließend ein kurzes Gedächtnisprotokoll über die Ereignisse.

Nach dem Gesetz müsste Tesla das Fahrzeug nun annehmen (dokumentieren Sie dies in diesme Fall bitte, insbesondere auch das ausgehändigte Zubehör und die Dokumente) und den vereinbarten Kaufpreis zurücküberweisen. Sollte sich Tesla jedoch weigern das Fahrzeug anzunehmen oder das Geld nicht innerhalb von 14 Tagen zurücküberweisen, unterstützen wir Sie gerne bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche. Senden Sie uns hierzu einfach eine Anfrage über unser Anfrage-System, um eine bestmögliche Bearbeitung Ihres Falles sicherzustellen.