Kürzlich hat Tesla bekanntgegeben, in Zukunft bei seinen Fahrassistenzsystemen ausschließlich auf Kamerasensoren („Tesla Vision“) zu setzen. Damit sollen Radar- und Ultraschallsensoren auf absehbare Zeit komplett wegfallen. Für Model S und X soll diese Umstellung laut Tesla erst 2023 erfolgen, für Model 3 und Y ist sie schon in vollem Gange.

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Fortschritt oder Sparmaßnahme?

Tesla behauptet, der Wechsel hin zu Kamerasensoren bringe vor allem ein Plus an Sicherheit. Die Fachpresse vermutet allerdings, dass Kostenersparnisse eine ebenso große Motivation sein könnten. Möglicherweise spart Tesla durch das Weglassen der Ultraschallsensoren 114 Dollar pro Fahrzeug, was angesichts der jährlichen Verkaufszahlen zu einer Gesamtersparnis von mehreren hundert Millionen Dollar führen könnte. Auch Probleme in der Lieferkette könnten ein Grund für die Umstellung sein.

Käufer der neuen Modelle profitieren zunächst nicht von diesem technischen „Fortschritt“. Denn bei den Fahrzeugen ohne Ultraschallsensoren sind einige Funktionen zunächst eingeschränkt oder gar nicht verfügbar. So heißt es auf der Website von Tesla:

Käufer verärgert, Tesla macht Druck

Vielen Käufern, die Ursprünglich ein Model 3 oder Y mit Ultraschallsensoren bestellt haben, will Tesla nun ein Fahrzeug mit der (derzeit klar unterlegenen) Kameratechnologie „unterjubeln“. Das Vorgehen von Tesla ist dabei rechtlich mindestens fragwürdig. Darüber berichtet auch unser Fachkollege Rechtsanwalt Dr. Matthias Böse auf seinem Blog:

Häufig war bei der Fahrzeugbestellung, die eventuell bereits mehrere Monate zurückliegt, noch keine Rede von „Tesla Vision“. Stattdessen verkaufte Tesla die Fahrzeuge mit Ultraschallsensoren. Später, wenn die Käufer ihre Abschlussrechnung erhalten, werden sie online auf der Tesla Website um ihre Zustimmung zu einer „Aktualisierung“ der Bestellung gebeten. Darin teilt Tesla die Umstellung auf Kamerasensoren mit und merkt an:

„Aufgrund dieses Schritts entfallen bei Ihrem Model 3 die bisherigen Ultraschallsensoren, was vorübergehend Auswirkungen auf einige Funktionen hat.“

Zwar können Käufer die Aufforderung zunächst ignorieren, es wird trotzdem ein Termin für die Auslieferung des Fahrzeugs angesetzt. Tesla scheint aber bei der Übergabe vor Ort das Fahrzeug nur herauszugeben, wenn die Käufer der Änderung zustimmen. Teilweise erfolgt die Fahrzeugübergabe wohl auch nur gegen Unterzeichnung einer Verzichtserklärung vor Ort.

Was tun?

Unserer Einschätzung nach ist diese Taktik seitens Tesla nicht rechtens. Deshalb können Ihnen je nach Lage des Einzelfalles folgende Möglichkeiten offenstehen, falls Sie am Kaufvertrag festhalten wollen. Wenn Tesla seine Fahrzeuge mit Autopilot bewirbt und anschließend nicht einmal eine Einparkhilfe vorhanden ist, ist dies die angemessene rechtliche Konsequenz:

Dabei unterscheiden sich die rechtlichen Möglichkeiten, je nachdem, ob Sie Ihr Fahrzeug zeitnah benötigen oder die Übergabe zunächst noch hinauszögern möchten:

I. Nach Übergabe des Fahrzeugs

  1. Zustimmung widerrufen

Falls Sie der Änderung online auf der Tesla Website bereits zugestimmt haben, besteht die Chance, dass Sie die Zustimmung noch widerrufen können. Denn auch bei der Vertragsänderung handelt es sich um einen Vertrag, der hier im Wege des Fernabsatz geschlossen wird und für den deshalb ein Widerrufsrecht bestehen kann. Sollten Sie vor Ort bei der Übergabe eine Verzichtserklärung unterzeichnet haben besteht unter Umständen auch die Möglichkeit diese anzufechten.

In jedem Fall sollten Sie einen Screenshot der Verzichtserklärung anfertigen bzw. diese abfotografieren!

  1. Auf Lieferung mit Ultraschallsensoren bestehen

Wenn sich Tesla beim Kauf verpflichtet, ein Fahrzeug mit Ultraschallsensoren zu liefern, kann sich das Unternehmen nicht ohne weiteres von dieser Vereinbarung lösen. Deshalb baut Tesla so viel Druck auf, um die Zustimmung der Käufer zu erhalten. Wird ein Fahrzeug trotzdem ohne Ultraschallsensoren ausgeliefert, so kann dies einen Sachmangel darstellen. Gegebenenfalls können Sie also von Tesla die Lieferung eines neuen Fahrzeugs mit Ultraschallsensoren verlangen. Hier empfiehlt sich eine Aufforderung des Kunden (am besten via Email/Tesla App) unter einer angemessenen Fristsetzung. In Betracht kommt z.B. eine Frist von zwei Wochen.

Tesla scheint sich in diesen Fällen auch auf die AGB zu berufen, laut derer einseitig Änderungen am Fahrzeug möglich sein sollen. Nach unserer Einschätzung ist die Wirksamkeit der betreffenden Klausel allerdings fragwürdig, weil sie zu unbestimmt ist und kein schwerwiegender Grund für die Änderung der Leistung dargelegt wird.

  1. Alternativ: Kaufpreis mindern

Sie haben evtl. die Möglichkeit, das Fahrzeug ohne Ultraschallsensoren zu behalten, aber den daraus entstehenden Minderwert vom Kaufpreis abzuziehen. In diesem Fall müsste geprüft werden, wie hoch der Wertverlust durch die Funktionseinbuße ist.

II. Vor Übergabe des Fahrzeugs

  1. Zustimmung verweigern

Da Sie nicht verpflichtet sind der Bestätigung zu Tesla Vision und damit der Auslieferung ohne Ultraschallsensoren zuzustimmen, können Sie die Zustimmung natürlich auch verweigern und auf Auslieferung des Fahrzeugs ohne Zustimmung bestehen.

  1. Auf Lieferung des Fahrzeugs mit Ultraschallsensoren bestehen

Im konkreten können Sie ähnlich zum Vorgehen nach I.2. auf der Auslieferung des Fahrzeugs mit Ultraschallsensoren bestehen. Hier empfiehlt sich eine Aufforderung des Kunden (am besten via Email/Tesla App) unter einer angemessenen Fristsetzung. In Betracht kommt z.B. eine Frist von zwei Wochen.

  1. Verzugsschaden verlangen

Weil Sie nicht verpflichtet sind, dem Wegfall der Ultraschallsensoren zuzustimmen, darf Tesla die Übergabe des gekauften Fahrzeugs mit dieser Begründung nicht verweigern. Denn unabhängig davon besteht die Pflicht zur Lieferung des Fahrzeugs. Verweigert Tesla dennoch die Übergabe, kann das Unternehmen dadurch in Verzug geraten. Weil Sie in dieser Zeit das gekaufte Fahrzeug nicht nutzen können, können Sie gegebenenfalls Nutzungsausfallschaden geltend machen.

Diese Auflistung stellt lediglich eine Übersicht über Handlungsmöglichkeiten dar, die möglicherweise gegeben sein können. Natürlich müssen wir die Voraussetzungen im konkreten Einzelfall prüfen. Wenden Sie sich dafür gern persönlich an unsere Kanzlei. Leider ist aus unserer Praxis bekannt, dass Tesla häufig erst auf juristischen Druck hin zu konstruktiven Lösungen bereit ist.